Im europäischen Binnenmarkt haben Unternehmen schon einen teilweise harmonisierten Rechtsrahmen für die Rechnungslegung. Zur weiteren Harmonisierung hat die EU die Vorgaben für die Rechnungslegung überarbeitet und dabei die bisher separaten Regelungsrahmen für die Rechnungslegung einzelner Unternehmen einerseits und im Konzern andererseits angeglichen. Die entsprechende Richtlinie wurde mit dem am 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) in deutsches Recht umgesetzt.
Das Gesetz enthält verschiedene Erleichterungen, aber auch wichtige Änderungen bei den gesetzlichen Vorgaben für den Jahresabschluss. Die Änderungen sind für das nach dem 31. Dezember 2015 beginnende Geschäftsjahr verbindlich anzuwenden. Die ursprünglich vorgesehene frühere Anwendung auf freiwilliger Basis wurde wieder gestrichen. Lediglich die Anhebung der Schwellenwerte kann schon für Geschäftsjahre, die in 2014 begonnen haben, in Anspruch genommen werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass gleichzeitig auch die Neudefinition der Umsatzerlöse angewandt wird. Insbesondere umfasst das Gesetz folgende Änderungen:
Schwellenwerte: Durch die Anhebung der Schwellenwerte wird der Kreis der kleinen Kapitalgesellschaften wesentlich erweitert. Die Werte werden um über 20 % auf eine Bilanzsumme von maximal 6 Mio. Euro und einen Umsatzerlös von maximal 12 Mio. Euro angehoben. Damit können rund 7.000 weitere Unternehmen bilanzielle Erleichterungen und Befreiungen in Anspruch nehmen. Auch die Schwellenwerte für große Kapitalgesellschaften und für die Konzernrechnungslegung werden erhöht, und zwar auf 20 Mio. Euro (Bilanzsumme) und 40 Mio. Euro (Umsatzerlöse).
Kleinstgenossenschaften: Für Genossenschaften, die zwei der drei Schwellenwerte (Bilanzsumme 350.000 Euro, Umsatzerlöse 700.000 Euro, im Jahresdurchschnitt 10 Beschäftigte) nicht überschreiten, werden die bereits für vergleichbare Kapitalgesellschaften bestehenden Erleichterungen eingeführt.
Umsatzerlöse: Die Umsatzerlöse werden neu definiert und dabei deutlich ausgeweitet. Künftig gehören dazu auch Erträge, die bisher unter andere Ertragsarten fielen, insbesondere Teile der sonstigen und außerordentlichen Erträge. Die bisherige Beschränkung der Umsatzerlöse auf die gewöhnliche Geschäftstätigkeit wird ausdrücklich aufgegeben. Konkret sind die Umsatzerlöse nach neuem Recht alle Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern. Zu den Umsatzerlösen gehören damit künftig beispielsweise Umsätze aus der Betriebskantine für die Arbeitnehmer oder Vermietungseinkünfte auch dann, wenn die Vermietung nicht Teil des Geschäftszwecks ist. Nicht zu den Umsatzerlösen gehören damit nur noch durchlaufende Posten, die verbleibenden sonstigen Erträge sowie der Finanzierungsbereich (Zinserträge). Der Verkauf von Anlagegütern wäre beispielsweise ein sonstiger Ertrag, weil die Umsatzerlöse laut der Gesetzesbegründung eine gewisse Nähe zum Umlaufvermögen erfordern. Die Vermietung von Anlagegütern dagegen fällt unter die Umsatzerlöse.
Immaterielle Vermögensgegenstände: Lässt sich bei bestimmten immateriellen Vermögensgegenständen die tatsächliche Nutzungsdauer nicht verlässlich schätzen, müssen sie über einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschrieben werden. Das betrifft selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sowie einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert. Die Neuregelung betrifft nur die ab 2016 aktivierten oder erworbenen Vermögensgegenstände.
Anschaffungspreisminderungen: Künftig ist eindeutig geregelt, dass Minderungen des Anschaffungspreises nur dann von den Anschaffungskosten eines Vermögensgegenstands abzusetzen sind, wenn sie dem Gegenstand einzeln zuordenbar sind. Ist das nicht der Fall, sind Anschaffungspreisminderungen in Zukunft ertragswirksam in den Umsatzerlösen zu erfassen.
Außerordentliche Ergebnisse: Der Ausweis von außerordentlichen Ergebnissen wird aus der GuV gestrichen und in den Bilanzanhang verlagert.
Bilanzanhang: Für kleine Kapitalgesellschaften wird der Katalog der Mindestangaben im Anhang zum Jahresabschluss reduziert. Es wird auf Angaben verzichtet, die typischerweise nur für das Verständnis von Kapitalgesellschaften ab einer gewissen Größe nachgefragt werden. Dafür werden einige neue Pflichtangaben eingeführt, die aber fast alle nur für mittelgroße Kapitalgesellschaften zwingend sind, beispielsweise ein Anlagenspiegel oder eine gesonderte Anteilsbesitzliste.
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