Unternehmen mit elektronischen Registrierkassen oder Kassensystemen wurden mit dem Kassengesetz verpflichtet, diese ab 2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) auszurüsten. Außerdem müssen die Betriebe die Anschaffung oder Außerbetriebnahme von Kassen an das Finanzamt melden sowie weitere neue Vorgaben zur Kassenführung beachten.
Das Gesetz enthält aber keine Pflicht zur Nutzung elektronischer Kassensysteme. Damit können beispielsweise auf Wochenmärkten, Festen, in Hofläden und dergleichen weiterhin manuelle Aufzeichnungen geführt werden. Auch wenn das Kassengesetz bereits 2016 beschlossen wurde, hat das Bundesfinanzministerium viele Details zu der Gesetzesänderung erst im Sommer 2019 geregelt. Hier sind alle wesentlichen Vorgaben im Überblick.
Aufzeichnungssysteme: Die neuen Vorgaben gelten für elektronische Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion. Das ist bei einem Gerät dann der Fall, wenn es der Erfassung und Abwicklung von zumindest teilweise baren Zahlungsvorgängen dienen kann. Dazu zählen auch elektronische, vor Ort genutzte Zahlungsformen (Geldkarte, virtuelle Konten, Bonuspunktesysteme etc.) sowie Gutscheine, Guthabenkarten und dergleichen. Eine Aufbewahrungsmöglichkeit des verwalteten Bargeldbestandes (z.B. Kassenlade) ist nicht erforderlich. Reine Buchhaltungssysteme gelten also nicht als Aufzeichnungssysteme im Sinne des Kassengesetzes.
Sicherheitseinrichtung: Seit dem 1. Januar 2020 müssen elektronische Kassen und Aufzeichnungssysteme über eine zertifizierte tSE verfügen, die die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit der erfassten Geschäftsvorfälle gewährleistet. Dabei können miteinander verbundene Geräte auch gemeinsam dieselbe tSE nutzen. Die tSE muss nicht nur alle Geschäftsvorfälle im Kassensystem manipulationssicher protokollieren, sondern auch andere Vorgänge (Trainingsbuchungen, Sofort-Stornos, Abbrüche etc.). Ist die Kasse nicht nachrüstbar, genügt aber den bisherigen Vorgaben und wurde zwischen 2010 und 2019 angeschafft, darf sie bis Ende 2022 weiter verwendet werden. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist nachzuweisen.
Ausfall: Fällt eine tSE aus, dann sind Ausfallzeiten und -grund zu dokumentieren. Das kann auch automatisiert durch das Kassensystem erfolgen. Kann das System ohne die tSE weiterbetrieben werden, muss dieser Ausfall auf dem Beleg ersichtlich sein. Betrifft der Ausfall nur die tSE, kann das Kassensystem bis zur Beseitigung des Ausfallgrundes weiterhin genutzt werden. Der Unternehmer muss jedoch unverzüglich die Ausfallursache beheben oder Maßnahmen zu deren Beseitigung treffen. Die Belegausgabepflicht bleibt auch während des Ausfalls bestehen und entfällt lediglich bei einem vollständigen Ausfall des Kassensystems oder bei Ausfall der Druck- oder Übertragungseinheit. Fällt nur die Druck- oder Übertragungseinheit für den Beleg aus, muss das Kassensystem weiterhin genutzt werden.
Belegausgabepflicht: Wer Geschäftsvorfälle mit einem elektronischen Kassensystem erfasst, muss ab 2020 zwingend einen Beleg für den Kunden ausstellen. Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Die Belegausgabepflicht gilt jedoch nur für Geschäftsvorfälle, an denen ein Dritter beteiligt ist. Entnahmen, Einlagen und dergleichen sind also nicht betroffen. Die Belegausgabe muss unmittelbar nach Abschluss des Vorgangs erfolgen.
Elektronische Belege: Für eine elektronische Bereitstellung des Beleges ist die Zustimmung des Kunden erforderlich. Unabhängig von der Entgegennahme durch den Kunden ist der elektronische Beleg in jedem Fall zu erstellen. Die Sichtbarmachung eines Beleges auf einem Bildschirm des Verkäufers (Kassendisplay etc.) allein reicht jedoch nicht aus. Der Beleg muss in einem standardisierten Dateiformat (JPG, PNG, PDF etc.) bereitgestellt werden, sodass Abruf und Anzeige beim Kunden mit einer kostenlosen Standardsoftware möglich sind.
Papierbelege: Bei der Ausgabe von Papierbelegen reicht das Angebot zur Entgegennahme an den Kunden aus, wenn zuvor der Beleg erstellt und ausgedruckt wurde. Eine Pflicht zur Annahme des Belegs durch den Kunden oder zur Aufbewahrung nicht entgegengenommener Papierbelege gibt es nicht.
Befreiung: Bei Verkauf von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen an eine große Zahl nicht bekannter Personen ist auf Antrag und mit Zustimmung des Finanzamts eine Befreiung von der Belegausgabepflicht möglich. Die Befreiung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn mit der Pflicht eine sachliche oder persönliche Härte für den Betrieb verbunden ist. Die entstehenden Kosten sind allein keine sachliche Härte. Die Gewährung der Befreiung entbindet den Unternehmer auch nicht vom Anspruch des Kunden auf die Ausstellung einer Quittung.
Aufbewahrung: Die von der tSE erstellten Daten können zwar vom Kassensystem in ein Archivsystem übertragen und in der Kasse gelöscht werden. In diesem Fall müssen die Daten aber mitsamt Protokollierungsdaten der Archivierung weiterhin vollständig erhalten bleiben und während der Aufbewahrungsfrist in der vorgeschriebenen Form exportierbar sein. Bei einer Betriebsprüfung müssen die Daten zur Verfügung gestellt werden.
Meldepflicht: Wer elektronische Kassen oder Aufzeichnungssysteme einsetzt, muss dem Finanzamt jede Anschaffung oder Außerbetriebnahme melden. Darunter fallen auch Zerstörung oder Verlust einer Kasse. Die Meldung muss innerhalb eines Monats nach der Anschaffung oder Außerbetriebnahme erfolgen. Der Inhalt der Meldung umfasst neben Name und Steuernummer des Unternehmens sowie dem Datum der Anschaffung oder Außerbetriebnahme auch Angaben zur Art der tSE sowie zu Art und Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme und deren Seriennummer(n). Außerdem müssen die Kassen in der Meldung eindeutig einer Betriebsstätte zugeordnet werden, wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten verfügt, und für jede Betriebsstätte ist eine separate Meldung erforderlich. Diese Angaben nutzen die Finanzämter unter anderem bei der Fallauswahl für Außenprüfungen.
Sanktionen: Werden Verstöße gegen die neuen Verpflichtungen festgestellt, können diese als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden, auch wenn kein steuerlicher Schaden entstanden ist. Ausgenommen von diesen drakonischen Strafen sind lediglich Verstöße gegen die Mitteilungspflicht und die Belegausgabepflicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Finanzamt bei Verstößen gegen diese beiden Pflichten nicht andere Sanktionen ergreifen könnte.
Die Mindestangaben auf einem Beleg sind unabhängig von den umsatzsteuerlichen Vorgaben an eine Rechnung geregelt. Ist daher die Erstellung einer Rechnung nicht erforderlich, muss dennoch für jeden Kassenvorgang ein Beleg erstellt werden, der mindestens folgende Angaben enthält:
Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn sich aufgrund der im Beleg enthaltenen Bezeichnungen Name und Anschrift des leistenden Unternehmers eindeutig feststellen lassen.
Das Datum der Belegausstellung und die Zeitpunkte des Vorgangbeginns sowie der Vorgangsbeendigung.
Die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung.
Die von der Kasse oder tSE erzeugte Transaktionsnummer.
Das Entgelt und den darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Umsatzsteuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt. Erfordert ein Geschäftsvorfall nicht die Erstellung einer umsatzsteuerlichen Rechnung, sondern einen sonstigen Beleg (z. B. Lieferschein), wird nicht beanstandet, wenn dieser Beleg nicht den Steuerbetrag enthält.
Die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls, die auch bei der internen Protokollierung gespeichert wird.
Der Betrag für jede in der Transaktion verwendete Zahlungsart.
Der aktuelle Stand des Signaturzählers in der verwendeten Sicherheitseinrichtung des Kassensystems. Der Signaturzähler wird bei jeder Prüfwertberechnung um den Wert 1 erhöht.
Der von der Sicherheitseinrichtung für den Vorgang erzeugte Prüfwert. Dieser Prüfwert wird aus allen für den Vorgang zu speichernden Daten bei Abschluss oder Abbruch des Vorgangs zwingend erzeugt.
Alle neun Pflichtangaben müssen für jedermann ohne maschinelle Unterstützung lesbar sein, unabhängig davon, ob der Beleg auf Papier ausgedruckt oder elektronisch bereitgestellt wird.
Das Kassengesetz hat drei neue Pflichten eingeführt, die eigentlich alle zum 1. Januar 2020 in Kraft treten sollten. Doch die Finanzverwaltung hat ihren Teil der notwendigen Vorbereitungen zu lange hinausgeschoben, weshalb nun für jede Pflicht andere Fristen zu beachten sind.
Sicherheitsmodul: Die Um- oder Nachrüstung von Kassensystemen auf die neuen Vorgaben war eigentlich bis zum 31. Dezember 2019 abzuschließen. Die Hersteller konnten aber aufgrund der verspäteten Vorgaben durch die Finanzverwaltung nicht rechtzeitig mit der Entwicklung der finalen Module beginnen, sodass viele Betriebe die gesetzliche Frist nicht halten konnten. An der Frist selbst hat die Finanzverwaltung nichts geändert, denn diese ist im Gesetz festgeschrieben. Allerdings hat das Bundesfinanzministerium geregelt, dass es bis zum 30. September 2020 nicht beanstandet wird, wenn ein Betrieb die Umrüstung noch nicht vollzogen hat.
Meldepflicht: Wer elektronische Kassen oder Aufzeichnungssysteme einsetzt, müsste dem Finanzamt eigentlich ab dem 1. Januar 2020 auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck jede Anschaffung oder Außerbetriebnahme melden sowie für vor 2020 angeschaffte Kassensysteme die Meldung bis zum 31. Januar 2020 nachgeholt haben. Die Finanzverwaltung hat jedoch keinen Vordruck veröffentlicht, womit auch die Meldepflicht derzeit noch nicht greift. Stattdessen will der Fiskus für die Meldungen auf ein elektronisches Meldeverfahren setzen, das aber noch in Arbeit ist. Bis dieses verfügbar ist, sind die Betriebe von der Meldepflicht befreit. Wie lange es bis zur Verfügbarkeit des neuen Meldeverfahrens voraussichtlich dauern wird und wieviel Zeit den Betrieben dann für eine Meldung bleibt, hat das Bundesfinanzministerium nicht mitgeteilt.
Belegausgabepflicht: Die einzige neue Vorgabe, die alle Betriebe bereits ab dem 1. Januar 2020 beachten müssen, ist die Belegausgabepflicht, über die im Vorfeld viel diskutiert wurde. Eine Ausnahme von der Belegausgabepflicht gilt nur dann, wenn kein elektronisches Aufzeichnungssystems verwendet wird (z. B. "offene Ladenkasse").
Altsysteme: Ist eine Kasse nicht nachrüstbar, genügt aber den alten Vorgaben und wurde zwischen 2010 und 2019 angeschafft, darf sie bis Ende 2022 weiter verwendet werden.
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