Nach 18 Monaten Vorbereitung und Absprache mit den Ländern hat das Bundesfinanzministerium jetzt den ersten Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens veröffentlicht. Da an dem Gesetzentwurf auch die Länder mitgewirkt haben, kann das Gesetz voraussichtlich noch in diesem Jahr verabschiedet werden, da im Bundesrat nicht mit grundsätzlichem Widerstand der Bundesländer zu rechnen ist.
Mit dem Gesetz soll in erster Linie mehr Automatisierung in die Finanzämter Einzug halten. Das Mehr an Technik soll durch ein Weniger an Papier begleitet werden, was wiederum die Steuerzahler in manchen Punkten ebenfalls entlastet. Wegen der vielen Detailänderungen ist der Gesetzentwurf fast 140 Seiten stark. Unter den zahlreichen Änderungen sind sechs Punkte hervorzuheben:
Automatisierte Veranlagung: Künftig sollen mehr dafür geeignete Steuererklärungen für eine vollautomatische Steuerveranlagung per Computer ausgewählt werden. Risikomanagementsysteme sollen dann den Finanzbeamten nur noch die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle für eine manuelle Veranlagung zuweisen. Bei der automatisierten Veranlagung soll die Steuererklärung dabei genauso intensiv wie bisher geprüft werden, nur eben durch Software und nicht mehr durch einen Finanzbeamten.
Rechen- und Schreibfehler: Wenn beim Ausfüllen der Steuererklärung Rechen- oder Schreibfehler passiert sind, war bisher nur im Ausnahmefall eine spätere Korrektur eines bestandskräftigen Steuerbescheids möglich. Künftig wird die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden vorgeschrieben, falls dem Steuerzahler bei der Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb dem Finanzamt rechtserhebliche Tatsachen nicht mitgeteilt hat.
Steuererklärungsfristen: Wer keinen Steuerberater hat, muss seine Steuererklärung innerhalb der ersten fünf Monate des Folgejahres abgeben. An dieser Frist ändert sich nichts. Die bisher jeweils mit einem Erlass geregelte automatische Fristverlängerung auf den 31. Dezember des Folgejahres für Steuerzahler mit Steuerberater wird jetzt aber im Gesetz verankert und dabei gleich um zwei Monate auf den 28. Februar des Zweitfolgejahres verlängert.
Verspätungszuschlag: Parallel zur Änderung bei den Steuererklärungsfristen werden die Regelungen zum Verspätungszuschlag neu gefasst. War die Festsetzung bisher immer ins Ermessen des Finanzamts gestellt, muss das Finanzamt künftig zwingend einen Verspätungszuschlag festsetzen, wenn keine Fristverlängerung beantragt wurde und die Steuererklärung nicht 14 Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums oder Besteuerungszeitpunkts beim Finanzamt eingegangen ist. Auch die Höhe des Verspätungszuschlags wird verbindlich geregelt. Für jeden angefangenen Monat der Verspätung sind 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 50 Euro fällig.
Belegvorlage: Belegvorlagepflichten sollen weitestgehend in Belegvorhaltepflichten mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgewandelt werden. Mit der Steuererklärung müssen also künftig deutlich weniger Belege ans Finanzamt eingereicht werden. Beispielsweise müssen Spendenbescheinigungen nur noch auf Anforderung dem Finanzamt vorgelegt werden. Im Fall von Spendenbescheinigungen kann die begünstigte Organisation mit Zustimmung des Steuerzahlers die Spende auch direkt elektronisch an die Finanzverwaltung melden, womit dann auch die Belegvorhaltepflicht wegfällt.
Elektronische Bescheide: Mit Einverständnis des Steuerzahlers soll der Schriftverkehr zunehmend auf elektronische Kommunikation umgestellt werden. Das betrifft beispielsweise Bescheide, Einspruchsentscheidungen und Außenprüfungsanordnungen, die zum Abruf bereitgestellt und auf diese Weise bekanntgegeben werden können. Umgekehrt sollen die Steuerzahler künftig nicht nur die Steuererklärung selbst, sondern auch Belege und Erläuterungen elektronisch übermitteln können.
Datenübermittlung: Der rechtliche Rahmen für die elektronischen Datenübermittlungspflichten von Unternehmen und Organisationen wird vereinheitlicht. Nur noch verfahrensspezifische Sonderregeln für einzelne Datenübermittlungspflichten von Arbeitgebern, Sozialversicherungsträgern, Versicherungen und Banken werden in den jeweiligen Spezialgesetzen geregelt.
Amtsermittlungsgrundsatz: Für den Amtsermittlungsgrundsatz galten bisher die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit, Gleichmäßigkeit und Rechtmäßigkeit. Zusätzlich werden nun auch die Komponenten der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit explizit im Amtsermittlungsgrundsatz verankert, an dem sich das Finanzamt bei seinen Maßnahmen orientieren muss.
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