Der Rat der Europäischen Union hatte 2018 die Amtshilferichtlinie wesentlich erweitert. Ab 2020 sollen die Mitgliedstaaten sich gegenseitig intensiver über Geschäfte informieren, die Auswirkungen auf die Besteuerung haben. Die dazu notwendigen Gesetzesänderungen mussten bis Ende 2019 in deutsches Recht umgesetzt werden, wozu Bundestag und Bundesrat vor dem Jahreswechsel das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen" verabschiedet haben.
Ziel des Gesetzes ist es, grenzüberschreitende Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zu identifizieren und zu verringern, um das Steueraufkommen aus wirtschaftlichen Betätigungen zu erhalten. Die Mitgliedstaaten der EU wollen ihre Steuerbemessungsgrundlagen davor schützen, dass Gewinne durch Steuergestaltungen in Länder verlagert werden, die niedrig oder gar nicht besteuern. Weil die Steuergestaltungen immer ausgefeilter werden und sich häufig die höhere Mobilität von Kapital und immateriellen Werten zunutze machen, sieht die EU als einzige zuverlässige Lösung eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Dem Fiskus wird damit die Möglichkeit gegeben, die Gestaltung auf ihre rechtliche Zulässigkeit zu überprüfen und Gesetzeslücken zu schließen oder gesetzgeberische Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten.
Primär richtet sich das neue Gesetz gegen die Praktiken multinationaler Konzerne, die sich besonders leicht solche Gestaltungen zu Nutze machen können. Das Gesetz sieht aber keine Einschränkung auf einen bestimmten Nutzerkreis oder eine Geringfügigkeitsschwelle vor, sodass auch Kleinbetriebe und Kapitalanleger sich der Pflicht bewusst sein sollten, da bei einer Verletzung der Mitteilungspflicht Bußgelder bis zu 25.000 Euro drohen.
Die neue Pflicht zur Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen trifft in erster Linie sogenannte "Intermediäre". Ein Intermediär ist wer eine Steuergestaltung vermarktet oder für Dritte konzipiert, organisiert oder bereitstellt. Das können beispielsweise Banken oder Finanzberater sein, aber auch Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftsprüfer, die an der rechtlichen Gestaltung mitgewirkt haben. Werden diese jedoch für die Meldepflicht nicht von ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung als Berufsgeheimnisträger entbunden, geht die Mitteilungspflicht auf den Nutzer der Steuergestaltung selbst über. Die Meldung ist innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt bestimmter Kriterien an das Bundeszentralamt für Steuern zu erstatten. Bis Mitte des Jahres will das Bundesfinanzministerium in einer Verwaltungsanweisung weitere Details zu der Meldepflicht regeln und mittelfristig auch eine Liste der vom Fiskus akzeptierten Steuergestaltungen veröffentlichen.
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