Der Bundesrat hat am 26. November 2004 das "Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften" (kurz: Richtlinien-Umsetzungsgesetz) verabschiedet. Dabei wurde den zahlreichen Änderungen des Finanzausschusses im Hinblick auf den ursprünglichen Gesetzentwurf zugestimmt. Am 15. Dezember 2004 wurde das Gesetz dann im Bundesgesetzblatt verkündet. Im Hinblick auf die Umsatzsteuer führt das Gesetz unter anderem zu folgenden Veränderungen:
Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Wertabgaben und Dienstleistungen
Die Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Wertabgaben und die unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung wird abgeändert. Zukünftig werden Ausgaben statt Kosten für die Berechnung herangezogen. Dazu gehören auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, das Teil der Wertabgabe ist oder für die Erbringung der Dienstleistung verwendet wird. Wenn dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro betragen, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum von fünf (sonstige Wirtschaftsgüter) oder zehn Jahre (Grundstücke und Gebäude) zu verteilen.
Auch wenn diese Änderung zunächst nur nach Wortklauberei aussieht, wirkt sie sich doch ganz konkret aus. Nutzt ein Unternehmer nämlich ein Gebäude sowohl beruflich als auch privat, kann er dieses für die Umsatzsteuer vollständig dem Unternehmen zuordnen und erhält die Vorsteuer auf Baukosten und andere Ausgaben erstattet. Voraussetzung ist lediglich eine betriebliche Nutzung von mindestens 10 %. Er muss dann zwar gleichzeitig die private Nutzung der Umsatzsteuer unterwerfen. Weil die Bemessungsgrundlage dafür aber bisher nach ertragssteuerlichen Grundsätzen, also anhand der niedrigen Abschreibungssätze für Gebäude, bestimmt wurde, führte dies zu einer sehr niedrigen Umsatzsteuerlast.
Die Finanzverwaltung will das verhindern und hat ihre bereits im Frühjahr 2004 geäußerte Auffassung (BMF-Schreiben 1 und BMF-Schreiben 2) nun auch im Gesetz festschreiben lassen. Nunmehr wird der in Anspruch genommene Vorsteuerabzug für die private Nutzung in einem Zeitraum von zehn Jahren über die Besteuerung des Verwendungseigenverbrauchs revidiert. Das führt natürlich zu einer erheblich höheren Umsatzsteuerlast für die private Nutzung. Und die Ersetzung des Begriffs "Kosten" durch "Ausgaben" hat den Hintergrund, dass externe Zuschüsse zwar die Kosten mindern, aber nicht die Ausgaben. Entsprechend einer inzwischen gängigen Übung wird diese Änderung wieder einmal rückwirkend in Kraft gesetzt, und zwar zum 1. Juli 2004.
Einbeziehung des Umlaufvermögens in die Vorsteuerberichtigung
Die Regeln für die Vorsteuerberichtigung wurden vollständig neu gefasst. Auch das Umlaufvermögen unterliegt jetzt der Vorsteuerberichtigung, wobei die Berichtigung zum Zeitpunkt der Verwendung erfolgen soll. Die Finanzverwaltung denkt dabei insbesondere an Grundstücke, die steuerpflichtig gekauft und später - entgegen der ursprünglichen Verwendungsabsicht - steuerfrei wieder veräußert werden. In dem Fall muss der Verkäufer zum Zeitpunkt des Verkaufs eine Vorsteuerberichtigung vornehmen. Beachten Sie, dass es beim Umlaufvermögen keinen begrenzten Berichtigungszeitraum gibt wie beim Anlagevermögen.
Vorsteuerberichtigung bei nachträglichen Einbauten und sonstigen Leistungen
Auch nachträglich eingebaute Gegenstände und sonstige Leistungen, die in andere Wirtschaftsgüter eingehen, werden nun in die Vorsteuerberichtigung einbezogen. Für einen eingebauten Gegenstand gilt allerdings die Voraussetzung, dass er dadurch seine körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verliert.
Solche Berichtigungsfälle sind zum Beispiel Instandhaltungsleistungen an einem Gebäude oder der Einbau einer Klimaanlage oder eines Austauschmotors in einen Firmenwagen, der ohne Vorsteuerabzug erworben und später dem Unternehmen entnommen wird. Im Fall des Firmenwagens hat sich die Finanzverwaltung bereits zu Abgrenzungsfragen geäußert.
Erhöhung der Bagatellgrenzen für die Vorsteuerberichtigung
Die Neuregelung der Vorsteuerberichtigung schafft viele neue Berichtigungsfälle, mit deren detaillierter Bewertung im Zweifel nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Finanzverwaltung überfordert wäre. Deshalb werden im Gegenzug die Grenzbeträge angehoben, unterhalb der keine Vorsteuerberichtigung erfolgen muss:
Die Vorsteuerberichtigung entfällt, wenn die Vorsteuer auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr als 1.000 Euro (bisher 250 Euro) beträgt.
Die Berichtigung entfällt ebenfalls, wenn sich die für die Berichtigung relevanten Verhältnisse um weniger als 10 % geändert haben, es sei denn, die Berichtigung würde mehr als 1.000 Euro (bisher 250 Euro) ausmachen.
Und schließlich gilt: Liegt die Vorsteuer auf Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht über 2.500 Euro (bisher 1.000 Euro), findet die Vorsteuerberichtigung für alle Kalenderjahre des Berichtigungszeitraums erst im letzten Jahr des Berichtigungszeitraums statt.
Sämtliche Änderungen bei der Vorsteuerberichtigung (Punkte 2 - 4) gelten für Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2004 ausgeführt werden.
Ausweitung des ermäßigten Steuersatzes für Künstler und Schiffer
Der ermäßigte Steuersatz gilt nun nicht mehr nur für Künstlerensembles, sondern auch für Solisten. Wörtlich heißt es im Gesetz, dass "die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler" dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Zu dieser Änderung war die Regierung durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gezwungen und hatte bereits im März 2004 eine entsprechende Verwaltungsanweisung erlassen.
Außerdem wird die Übergangsregelung für den Personentransport mit Schiffen verlängert. Der ermäßigte Steuersatz dafür galt ursprünglich nur bis zum 31. Dezember 2004. Dieser Zeitraum wurde um drei Jahre bis zum 31. Dezember 2007 verlängert.
Behandlung von Preisnachlassgutscheinen
Schon vor geraumer Zeit erging ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Preisnachlassgutscheinen, die ein Hersteller zur Verkaufsförderung seiner Produkte ausgibt. Früher wollte die Finanzverwaltung bei der Einlösung eines solchen Gutscheins nur dann eine Änderung der Bemessungsgrundlage (und damit eine Reduzierung der Umsatzsteuerzahllast des Herstellers) akzeptieren, wenn die Vergütung des Gutscheins über alle Stufen der Lieferkette hinweg erfolgt. Erstattete der Hersteller aber direkt dem Händler und ohne Zwischenschaltung von Groß- und Zwischenhändlern den entgangenen Erlös, weigerte sich der Fiskus, die zu viel gezahlte Umsatzsteuer zurückzuerstatten.
Der EuGH ist dieser Praxis entgegengetreten, und die Finanzverwaltung hat mit einer entsprechenden Verwaltungsanweisung reagiert. Im Gesetz war diese Änderung bisher aber noch nicht nachvollzogen worden. Zwei Jahre nach dem Urteil des EuGH ist die geänderte Rechtsauffassung nun auch im Gesetz enthalten, womit endlich wieder Rechtssicherheit herrscht.
Erweiterte Aufzeichnungspflicht bei Forderungsabtretungen
Wird eine Forderung abgetreten oder ge- oder verpfändet, haftet der Abtretungsempfänger für auf die Forderung noch nicht gezahlte Umsatzsteuer. Damit der Fiskus den Forderungsübergang besser nachvollziehen und bestimmen kann, ob eine Haftungsschuld vorliegt, wurden nun umfangreiche Aufzeichnungspflichten für die Forderungsabtretung eingeführt.
Der Unternehmer, dessen Forderung gepfändet oder abgetreten wird, muss Name und Anschrift des Abtretungsempfängers und die Höhe der abgetretenen Forderung aufzeichnen. Der Abtretungsempfänger muss die gleichen Angaben über den abtretenden Unternehmer und die Forderung aufzeichnen und zusätzlich die Höhe der Zahlungen, die er auf diese Forderungen erhalten hat. Reicht er die Forderung an einen Dritten weiter, gelten die Aufzeichnungspflichten analog.
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